Der 12. September war ein guter Tag für die bayerische Games-Industrie. Da gab der FFF Bayern bekannt, dass die EU-Kommission wenige Tage zuvor die neue bayerische Gamesförderung genehmigt hatte. Ein politisches Signal, das auch bundesweit von sich reden machte.

Die bisherige De-minimis-Beschränkung der bayerischen Gamesförderung auf maximal 200.000 Euro ist spätestens Ende dieses Jahres Geschichte. Am 4. September hat die EU-Kommission grünes Licht für die neue „Bayerische Richtlinie für die Förderung digitaler Spiele“ gegeben, die am 1. Januar 2018 in Kraft tritt. Damit ist es fortan möglich, einzelne Spieleproduktionen mit bis zu 500.000 Euro zu fördern. Das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie hatte in seinem Antrag dargelegt, dass es für den weiteren Ausbau der bayerischen Gamesbranche notwendig sei, größere Projekte mit einem höheren Finanzierungsbedarf auch mit höheren Zuwendungen zu unterstützen, um international wettbewerbsfähig zu sein. Die Kommission folgte der Argumentation und hatte keine Einwände. Äußerst zufrieden mit dieser Entscheidung zeigte sich Bayerns Medienministerin Ilse Aigner: „Damit steht unserer neuen Förderrichtlinie nichts mehr im Wege. Das ist bislang in Deutschland in dieser Form einzigartig und stärkt die bayerischen Studios im internationalen Wettbewerb. Gleichzeitig erhöhen wir das Programmbudget auf 1,9 Millionen Euro pro Jahr. Ab dem kommenden Jahr können wir so digitale Spiele effizienter fördern.“

Ein erster wichtiger Schritt

Die Nachricht von der frohen Botschaft aus Brüssel breitete sich landes- und bundesweit wie ein Lauffeuer aus: Der Geschäftsführer des Bundesverbands Interaktive Unterhaltungssoftware (BIU), Felix Falk, etwa bezeichnete die neue bayerische Gamesförderung als „Meilenstein, der die Studios vor Ort stärken“ werde. Falk weiter: „Vor allem bei der Finanzierung der Spiele-Entwicklung kämpft die deutsche Gamesbranche gegen massive Wettbewerbsnachteile. Ob Frankreich, Großbritannien oder Polen: In vielen unserer europäischen Nachbarländern wird die Entwicklung von Computer- und Videospielen massiv gefördert. Die neue Gamesförderung in Bayern ist ein erster wichtiger Schritt, die aktuellen Standortnachteile abzubauen. Sie ergänzt sinnvoll eine bundesweite Gamesförderung, die weiterhin zeitnah eingeführt werden muss. Nur so erhalten hier ansässige Spiele-Entwickler die gleichen Chancen wie ihre Kollegen im Ausland und wir können Deutschland zu einem starken Standort für die Spiele-Entwicklung ausbauen.“ Darüber hinaus sieht Linda Breitlauch, stellvertretende Vorstandsvorsitzende GAME Bundesverband, nun die anderen Förderer stärker in der Pflicht: „Wir begrüßen die Entscheidung der Europäischen Kommission, die neue bayerische Förderrichtlinie für digitale Spiele als Kulturförderung zu notifizieren. Jetzt bauen wir darauf, dass die Initiative Bayerns bundesweit Schule macht und den anderen regionalen Förderern und ihren spezifischen Maßnahmen als Blaupause dient.“

Riesige Chancen für den Standort Bayern

Und wie fallen die Reaktionen der bayerischen Studios aus? Pars pro toto stehen appp media aus München und HandyGames aus Giebelstadt: Für appp media-Gründerin Kristin Heitmann, deren Unternehmen sich auf hochwertige Apps für Kinder spezialisiert hat und 2013 mit dem Deutschen Computerspielpreis in der Kategorie „Bestes Kinderspiel“ belohnt wurde, „eröffnet die neue Förderung riesige Chancen für den Standort Bayern. Durch die höheren Fördersummen werden bayerische Firmen sehr interessant werden – für branchenübergreifende Kooperationen (Film/Fernsehen, Animation, Buch) und für Projekte, die eine Fokussierung auf Kultur haben. Die weitere Professionalisierung, aber auch Spezialisierung auf Nischen wird durch diese Förderung möglich. Jetzt geht es darum, zu zeigen, dass wir als Branche auch gute Projekte liefern – die Chance haben wir!“ Christopher Kassulke, Geschäftsführer des unabhängigen Entwicklers und Publishers HandyGames, teilt diese Einschätzung, erweitert sie aber noch um einen weiteren Aspekt: „Das ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber immer noch zu wenig, um Blockbuster made in Bavaria zu produzieren. Wenn es damit gelingen würde, erste bayerische Leuchtturmprojekte zu realisieren, die wirtschaftlich funktionieren und einen positiven fiskalischen Effekt haben, sollten in Zukunft auch noch höhere Förderungen möglich sein. Klar ist aber auch: Wer international mit den ganz Großen mitspielen will, der muss noch ein bis zwei Nullen an die nun genehmigte Maximalzuwendung hängen. Bis dahin ist es noch ein langer Weg. Wie gesagt, die Richtung stimmt. Jetzt müssen weitere Schritte folgen.“

Dank an die Pioniere

Doch damit will es Kassulke nicht bewenden lassen. Auf dem momentanen Höhepunkt der neunjährigen Geschichte der bayerischen Gamesförderung hebt er noch einmal zwei Protagonisten ins Rampenlicht der Öffentlichkeit, denen die Branche sehr viel zu verdanken hat: Staatsminister a.D. Eberhard Sinner, der von 2005 bis 2008 als Staatsminister Leiter der Bayerischen Staatskanzlei und zugleich Medienminister war, und Barbara Schardt, seinerzeit Managerin des Clusters audiovisuelle Medien (CAM), das von 2006 bis 2011 beim FFF Bayern unter der Ägide von Prof. Dr. Klaus Schaefer angesiedelt war. Beiden sind die politischen Diskussionen, ob Games nun förderwürdig sind oder nicht, noch sehr gegenwärtig. Ladies first: „Das war fürwahr ein mühsamer Lernprozess für die Politik, der von großer Skepsis, teilweise auch Widerwillen begleitet war. Tatsächlich war die Förderung von Games im Businessplan des Clusters ursprünglich nicht vorgesehen. Staatsminister Sinner hat sie schließlich politisch durchgesetzt, weil die Argumente pro Games zu gewichtig waren. Das Go aus Brüssel für das neue Förderprogramm ist jedenfalls eine schöne Bestätigung unserer Pionierarbeit“, betont Barbara Schardt, heute geschäftsführender Vorstand der Akademie für Film- und Fernsehdramaturgie TOP: Talente e.V.

Schönes Abschiedsgeschenk

Auch Eberhard Sinner kann sich gut an die „längeren Diskussionen“ erinnern: „Und ob! Ich sehe noch die kritischen Blicke des Kultusministers und des Innenministers vor mir. Damals wurden Games vorrangig unter Sicherheitsaspekten betrachtet, keinesfalls unter ihrer kulturellen Werthaltigkeit. Aber es gab ja damals die Clustermanagerin Barbara Schardt, die den Kontakt zu und Austausch mit bayerischen Gamesstudios suchte, erste Initiativen ergriff und Maßnahmen auf den Weg brachte, unter anderem die Netzwerkplattform Munich Gaming im Jahre 2008.“ Schließlich schlägt Eberhard Sinner noch einen Bogen zu Klaus Schaefer, den langjährigen FFF-Geschäftsführer, der den Auf- und Ausbau der bayerischen Gamesförderung bis heute begleitet hat und den Führungsstab am 1. Februar 2018 an seine Nachfolgerin Carolin Kerschbaumer übergibt: „Die Genehmigung der neuen Förderrichtlinie ist auch sein Verdienst. Damit hat er sich und dem bayerischen Medienstandort ein schönes Abschiedsgeschenk gemacht.“

Erschienen am 16. Oktober 2017 auf MedienNetzwerk-Bayern.de